Statement | 19.07.2022

"Nachhaltigkeit in der Immobilienwirtschaft ist ein unumkehrbarer Trend" - Ein Statement von Christean Schmidt in der Fachzeitschrift "portfolio institutionell"

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Die Buchstabenkombination ESG, die für Environment, Social, Governance steht, ist aktuell das Buzz-Akronym der Investmentwelt und hat insbesondere Auswirkungen auf die deutsche Immobilienbranche. Denn in den vergangenen Jahren hat sich hierzulande ein entscheidender Wandel im gesellschaftlichen Bewusstsein vollzogen. Dieser hat dazu geführt, dass Nachhaltigkeitsaspekte in den Mittelpunkt des privaten und unternehmerischen Handelns gerückt sind und sich die Akzeptanz für Produkte, die weder ökologischen, sozialen und den Kriterien einer verantwortungsvollen Unternehmensführung entsprechen, deutlich verringert hat.

Die Immobilienwirtschaft ist davon direkt betroffen, denn viele Bestandsimmobilien entsprechen nicht mehr den aktuellen und künftigen Anforderungen. Daher sind alle Branchenakteure, insbesondere Eigentümer bereits bestehender Immobilien, zum Handeln aufgefordert.

Wie groß der Handlungsbedarf ist, verdeutlicht die Tatsache, dass der Immobiliensektor in Deutschland im Jahre 2021 für rund 115 Millionen Tonnen CO2-Emissionen verantwortlich ist, damit zwei Millionen Tonnen über dem Sektorenziel liegt und 4,5 Prozent über dem Vorjahreswert. Hier ist Handeln erforderlich, wenn das von der Bundesregierung ausgegebene Ziel, Deutschland bis zum Jahr 2045 treibhausgasneutral aufzustellen, erreicht werden soll. Laut Klimaschutzgesetz muss die Politik bei Verfehlung der Sektorenziele Maßnahmen ergreifen, um wieder auf einen Erfüllungspfad zu gelangen. Bei weiterer Verfehlung der Zielwerte wird also nachjustiert.

Doch nicht nur aus dem politischen Umfeld wird Druck aufgebaut. Insbesondere große Corporates, und damit zumeist
besonders attraktive Mieter, verfolgen inzwischen eigene Nachhaltigkeitsstrategien. Für Neuanmietungen werden einzuhaltende Standards gesetzt. Ein Beispiel ist ein weltweit agierender Logistikkonzern, welcher sich verpflichtet, ab Mitte des Jahrzehnts in Deutschland nur noch klimaneutrale Objekte anzumieten. Eigener Neubau wird bei dem Unternehmen schon seit längerem ausschließlich CO2-neutral umgesetzt.

Proaktives Handeln ist Gebot der Stunde

Führt man sich vor Augen, dass 80 Prozent des Gebäudebestandes von 2045 bereits errichtet sind, wird deutlich, welche Herausforderungen auf Immobilieninvestoren und Asset Manager zukommen. Oftmals sind unternehmensintern weder ausreichend Kapazitäten noch das entsprechende Know-how verfügbar, um die erforderlichen Veränderungen zu identifizieren, zu planen und auch umzusetzen. Wenn hier nicht rechtzeitig von Asset-Management- und Investorenseite agiert wird, steigt die Gefahr, dass die Zahl der sogenannten Stranded Assets zunimmt.

Auch deshalb hat die Europäische Union 2019 eine neue Verordnung verabschiedet, nach der Vermögens- und Fonds- manager verpflichtet sind, neue Regeln zur „Offenlegung hinsichtlich nachhaltiger Investments und Nachhaltigkeits- risiken“ einzuhalten. Sie legen fest, wie Unternehmen und Fondsmanager über nachhaltige Investments und Nachhaltig- keitsrisiken berichten und welche Informationen sie der Öffentlichkeit zugänglich machen müssen. Geregelt sind dabei Informationspflichten in Bezug auf interne Richtlinien und Berichterstattung zu ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Belangen, einschließlich einer guten Unternehmensführung mit Blick auf Umweltauswirkungen, Arbeitnehmerschutz und auch die Steuerkonformität.

Ein wichtiger Baustein jeder ESG-Strategie muss die Schaffung einer möglichst von fossilen Energieträgern unabhängigen Strominfrastruktur sein. Die Ausstattung von Gebäuden mit Photovoltaikanlagen zur Erzeugung Erneuerbarer Energie hilft gleichermaßen Investor, Asset Manager und Mieter, die Ziele der jeweiligen Nachhaltigkeitsstrategie zu erfüllen. Der ökologische Fußabdruck der Immobilien und damit aller Beteiligten sinkt.

Der Mieter kann bei entsprechender Gestaltung von Power Purchase Agreements (PPA) noch in weiterem Maße profitieren und sich dauerhaft günstige und ökologisch vorteilhafte Energiebezugskonditionen sichern. Denn durch einen Direktverbrauch auf dem Grundstück entfallen bei der Nutzung des öffentlichen Stromnetzes anfallende Entgelte, ein Vorteil, den Solaranlagenbetreiber an Direktverbraucher weitergeben. Intelligente Speicherlösungen vermeiden außerdem teure Spitzenlasten.

Ein künftig an Bedeutung gewinnender Aspekt wird die Bereitstellung von Ladeinfrastruktur für elektrische Mobilität werden. Die Entwicklungen gerade im Bereich der Last-Mile- Logistik sind in unseren Städten unübersehbar, es wird zunehmend auf elektrische Fahrzeuge gesetzt. Mieter erwarten an den von ihnen genutzten Liegenschaften Ladeplätze für Firmenfahrzeuge oder die der Belegschaft. An Produktions- und Logistikimmobilien werden neue Anforderungen für das sogenannte „Megawattladen“ von LKWs gestellt. Gerade wenn zeitgleich größere Strommengen abgerufen werden, kann das vorgelagerte öffentliche Stromnetz den Belastungen nicht mehr gewachsen sein. Eine moderne Photovoltaikanlage mit Speicher und Energiemanagementsystem entlastet das öffentliche Stromnetz und macht die Immobilie außerdem zukunftsfähig.

Bei der Aufstellung einer Strategie und der Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen für eine wirtschaftliche und nachhaltige Umgestaltung des Gebäudebestandes gibt es bereits Spezialanbieter, die die Unternehmen bei den notwendigen Planungen und der Realisierung unterstützen.

Dienstleister für ESG­-Strategien gegründet

Es ist wichtig, dass Investoren und Asset Manager nun möglichst schnell handeln. Bei der aktuellen Verfügbarkeit von Fachkräften und der gebotenen Dringlichkeit ist es schwierig, eigene Abteilungen aufzubauen, die sich dem Thema widmen können. Spezialisierte Dienstleister einzuschalten, kann helfen, mögliche Risiken im Immobilienbestand frühzeitig zu identifizieren und Handlungsoptionen zu erarbeiten. Die auf die Implementierung folgende Umsetzung von konkreten ESG-Maßnahmen stellt einen weiteren Flaschenhals dar. Auch hier fehlen Fachkräfte und die Materialverfügbarkeit ist aufgrund anhaltender Krisen gestört.

Um beiden Herausforderungen zu begegnen, haben wir mit der RESC – Real Estate Sustainability Consulting und der DEE – Deutsche Erneuerbare Energien zwei Unternehmen aus der Taufe gehoben, die die Strategieaufstellung und tatsächliche Umsetzung als One-Stop-Shop anbieten. So übernimmt RESC für Immobilienunternehmen und -fonds eine ganzheitliche Beratung, die eine Risiko- und Nachhaltigkeitsanalyse genauso beinhaltet wie die Erarbeitung von unternehmensspezifischen Nachhaltigkeits- und Dekarbonisierungsstrategien.

Zum Portfolio von RESC gehört zudem die Unterstützung bei der Konzeption und Zulassung von grünen Fonds nach den Artikeln 8 und 9 der EU-Offenlegungsverordnung. Zusätzlich werden Maßnahmen erarbeitet, die gewährleisten, dass bereits bestehende Fonds auf dieses Level angehoben werden. Die DEE wiederum investiert eigenständig in energetische Anlagen, die es Investoren und Asset Managern ermöglichen, ihre Gewerbeimmobilien und deren Mieter günstig mit Strom zu versorgen. Außerdem werden die Energie-, Wärme- und Kälteversorgung der Liegenschaften optimiert und dabei klimafreundlich gestaltet. Das unterstützt die Unternehmen wiederum, ihren eigenen ESG-Strategien umzusetzen. Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten und die Umwelt.